März 2019 | G/Geschichte – Rund 65.000 Kilometer hat Casanova zurückgelegt, quer durch Europa, zu Fuß, mit der Kutsche, auf Maultieren und per Schiff. Auf seinen Reisen war er ein Abenteurer, ein Handelsreisender und ein Flüchtling – und oft alles zusammen.

„Bis zum Wahnsinn habe ich die Frauen geliebt“, schreibt Casanova, „doch stets zog ich ihnen meine Freiheit vor. Wenn ich mich in Gefahr befand, sie einzubüßen, gelang es mir stets, wenn auch mit knapper Not, mich zu retten.“ Freiheit und Abenteuer, dafür lebte Casanova, besonders während seiner Jugend. Sein Freund Charles de Ligne wird später in einem Bonmot Casanovas Dilemma ausdrücken: Ihm sei die Abhängigkeit verhasst gewesen, selbst die Abhängigkeit von der Unabhängigkeit.

Ein solcher Lebensentwurf war im 18. Jahrhundert ungewöhnlich. Viele Angehörige der Unterschicht konnten es sich nicht leisten, ihr Dorf oder gar ihr Land jemals zu verlassen. Casanova dagegen, der Sohn einer Schauspielerin, wird im Laufe seines Lebens rund 65.000 Kilometer zurücklegen. Als Reisender wird er zum gefragten Gesprächspartner, zur spannenden Quelle für Geschichten. Casanova war sich dieser Rolle bewusst. Als er 1760 in die Schweiz kommt, kann er über das ihm langweilig scheinende Leben der zu Hause bleibenden nur die Nase rümpfen. „Ich verbrachte drei Stunden damit, ihnen in allen Einzelheiten meine Erlebnisse der letzten zweiundsiebzig Monate zu erzählen, in denen wir uns nicht gesehen hatten“, schreibt er in seinen Memoiren über ein Gespräch mit einem Bekannten in der Schweiz. Und er ergänzte: „Was sie zu berichten hatten, dauerte nicht lang; ihr Leben verlief so gleichförmig, wie es einem freundlichen Glück entspricht.“

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Zusätzlich: Infoseite zu Reisen im 18. Jahrhundert.

Der Artikel erschien erstmals im Dezember 2014 in G/Geschichte Spezial 1/2015: Casanova (€).

Der Artikel erschien im März 2019 in niederländischer Übersetzung in G/Geschiedenis 2/2019: Casanova (€).