Juli 2020 | G/Geschichte – Über Jahrhunderte zählen die Pocken zu den gefürchtetsten Infektionskrankheiten. Die Entwicklung einer Impfung im Jahr 1796 bringt den entscheidenden Sprung nach vorn – der die Krankheit sogar ausrottet. Trotzdem tobt seither ein bizarrer Kampf um die lebensrettende Immunisierung.

Als der englische Mediziner Edward Jenner am 14. Mai 1796 einen Menschenversuch wagt, verändert er nicht nur die Geschichte der Medizin, sondern die der Menschheit insgesamt. Jenner, der sich seit vielen Jahren mit der gefährlichen Pockenkrankheit beschäftigt hatte, impft an diesem Morgen den achtjährigen Jungen James Phipps mit dem Inhalt einer Kuhpockenpustel, die die Magd Sarah Nelmes nach dem Melken entwickelt hatte. Auch James Phipps bildet daraufhin eine lokale Pustel. Doch als Jenner dem Jungen später zwei Mal Menschenpocken einimpft, bleibt er gesund. Jenner hat einen Weg gefunden, Menschen vor den gefährlichen Pocken zu schützen.

Damit hatte er zugleich einen Weg im Kampf gegen zahlreiche weitere Krankheitserreger gewiesen: Tollwut, Cholera, Diphterie, Masern, Kinderlähmung und viele mehr lassen sich mit Hilfe von Impfungen wirksam verhindern. Bis dahin konnte die Menschheit Infektionen nur bekämpfen durch Vermeiden des Kontakts zu Kranken, durch hygienische Maßnahmen oder die – oft nur symptomatische – Behandlung Erkrankter. Nun besaß sie ein mächtiges Instrument. Die im Laufe der Zeit immer weiter verbesserte Pockenimpfung erwies sich schließlich sogar als so effizient, dass sie mittlerweile wieder abgeschafft werden konnte – die Pocken gelten seit 1980 als ausgerottet. (…)

Erschienen im Juli 2020 in G/Geschichte 8/2020: Europas erster Freiheitskrieg. Sparta und Athen besiegen ein Weltreich (€).