Juli 2023 | G/Geschichte – Vor fast 100 Jahren sorgte ein Versicherungsunternehmen in der unscheinbaren US-Stadt Nashville für Furore: Es gründete einen Radiosender und verhalf damit der Musik der Landbevölkerung, „Country“ genannt, zum Welterfolg.

Konservativ und altbacken sei sie, verstaubt und langweilig. Die Country-Musik hat viele Feinde. Die Menschen, die sich an diesem Abend auf dem Bürgersteig des Broadway drängen, gehören nicht dazu. Ihr Ziel sind die Bars und Kneipen zwischen First und Fifth Avenue. Leuchtreklame taucht die Szenerie in blaues und rotes Licht. In den bodentiefen Fenstern der Kneipen sind überall Musiker zu sehen. Laut dringt deren Sound nach draußen: Gitarren und Gesang, Mundharmonika und ab und zu eine Geige. Für die Bands ist ein Auftritt hier mit der Hoffnung verbunden, eines Tages den Durchbruch zu schaffen.

Die Rede ist allerdings nicht vom Broadway in New York. Sondern vom Broadway in Nashville, im US-Bundesstaat Tennessee. Denn hier, tief in den Südstaaten, auf halbem Wege zwischen dem Golf von Mexiko und der kanadischen Grenze, zwischen Rocky Mountains und Atlantik schlägt das musikalische Herz Amerikas: in Nashville, der „Music City USA“.

Die Selbstbezeichnung ist ein genialer Marketing-Name. Entstanden ist er im Radio, als 1950 der Moderator David Cobb eine seiner Sendungen spontan mit diesen Worten ankündigte. Der Spruch charakterisiert die Stadt. Neben unzähligen Musikkneipen haben viele Plattenverlage hier ihren Sitz. In zahllosen Studios nehmen Künstler neueste Werke auf. Viele Musiker sind nach Nashville gezogen wie der 2003 verstorbene Country-Star Johnny Cash.

Erschienen in G/Geschichte, Ausgabe 7/2023, „Die Ostsee. Schicksalsmeer der Deutschen“.