Juni 2022 | P.M. History – Nach 1945 ist Martin Bormann der mächtigste NS-Verbrecher, der noch als verschollen gilt. Jahrzehntelang wird er überall auf der Welt gesichtet – auch weil manche Kreise ein Interesse haben, die Suche nach ihm in die Länge zu ziehen.
Der Flensburger Schriftsteller Heinrich Lienau hat im Juli 1945 ein äußerst unangenehmes Erlebnis. Fast sechs Jahre lang war der Sozialdemokrat im KZ Sachsenhausen bei Berlin interniert. Nachdem er von den Alliierten endlich befreit worden ist, macht er sich auf den Weg in seine Heimat. Doch bei einem Stopp in Lüneburg sieht er, wie aus einem Ambulanzwagen des Roten Kreuzes einer seiner Peiniger aussteigt: der hochrangige Nationalsozialist Martin Bormann.
Vielen ist der Name zu jener Zeit kein Begriff. Denn im Gegensatz zu führenden Nazis wie Heinrich Himmler, Joseph Goebbels und Adolf Hitler hat Bormann die Öffentlichkeit gemieden. Seiner Macht hat dies aber keinen Abbruch getan. Seit 1943 war er ‚Sekretär des Führers‘ und kontrollierte als solcher, wer überhaupt Zugang zu Hitler hatte. Vielen Historikern gilt Bormann deshalb heute als die zweitmächtigste Figur der NSDAP. (…)
Erschienen in P.M. History, Ausgabe 2022/07: Verschollen. Auf der Suche nach Menschen, die spurlos verschwanden.