Mai 2021 | G/Geschichte Porträt – Äthiopien zählt zu den ältesten christlichen Staaten. Weil das Land lange Zeit abgeschieden war, hat sich dort ein faszinierend ursprünglicher Glaube erhalten.

Bibelfeste Europäer kennen das zehnte Kapitel des Buches der Könige. Es beschreibt den Besuch der sagenhaft reichen Königin von Saba, das im heutigen Jemen liegt, bei König Salomo in Jerusalem. Mit großem Gefolge reist sie an, verschenkt Gold, Edelsteine und kostbares Sandelholz, das Salomo zum Bau des Tempels verwendet wie auch für Harfen und Zithern. In langen Gesprächen verstehen sich die beiden Herrscher glänzend. Auch Salomo zeigt sich freigiebig: „Und der König Salomo gab der Königin von Saba alles, was ihr gefiel und was sie erbat.“

Bibelfeste Äthiopier kennen die Geschichte hingegen in einer etwas pikanteren Variante: Derzufolge gefällt der Königin vor allem Salomo selbst. Die beiden unterhalten sich nicht nur prächtig, sondern teilen auch das Bett miteinander. Als die Königin schließlich abreist, ist sie schwanger – und ihr Sohn Menelik Salomos Erstgeborener. Jahre später besucht der seinen Vater in Jerusalem und zieht anschließend mit zwölf Edelleuten aus dem Stamm der Leviten und der Bundeslade im Gepäck nach Äthiopien. Dort angekommen, wird er zum Urvater der äthiopischen  Königsdynastie. (…)

Erschienen im Mai 2021 in G/Geschichte Porträt Sommer 2021: Der Nil. Fluss der Mysterien und Strom der Geschichte (€).