Oktober 2016 | G/Geschichte – Mehr Freiheit, weniger Hunger: So paradox es klingt, die Industrialisierung brachte vielen Arbeitern bessere Lebensbedingungen. Dass sie ihre Interessen immer selbstbewusster vertreten konnten, verdanken sie vor allem der Arbeiterbewegung.
„Weiber zum Gebären unfähig gemacht, Kinder verkrüppelt, Männer geschwächt, Glieder zerquetscht, ganze Generationen verdorben, mit Schwäche und Siechtum infiziert, bloß um der Bourgeoisie die Beutel zu füllen!“ Auch heute noch liest sich Friedrich Engels mit wütenden Engagement geschriebene Sozialreportage „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“ von 1845 wie ein Bericht aus der industriellen Hölle. Nicht nur von Verletzungen berichtet er, sondern auch von überlangen Arbeitszeiten, von „Kindern, die von den Aufsehern nackt aus dem Bett geholt wurden“, die dann „mit den Kleidern auf dem Arm unter Schlägen und Tritten in die Fabriken gejagt wurden“.
Schlechte Lebensbedingungen waren kein Monopol der englischen Arbeiter. Auch in Deutschland war Kinderarbeit im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts verbreitet, waren Arbeitszeiten von zwöf bis 14 Stunden noch im Jahr 1848 die Norm. Lärm, Hitze und schlechte Luft gehörten zur Fabrik; Beleuchtung und hygienische Einrichtungen waren unzureichend. Aufgrund fehlender Sicherheitsvorkehrungen kam es häufig zu Verletzungen. Besonders berüchtigt waren die katastrophalen Bedingungen in der Textil- und der Zündholzindustrie. (…)
Erschienen im Oktober 2016 in G/Geschichte 11/2016: Deutschland unter Dampf. Die Industrielle Revolution (€).