Oktober 2020 | Mannschaft Magazin – Locker und lässig – so das Image. Doch Surfen ist ein Machosport, in dem oft eine traditionelle Männlichkeit zelebriert wird. Immer mehr queere Surfer*innen törnt das ab, darum schliessen sie sich zusammen: online und auf dem Board. Dafür bekommen sie Applaus auch von überraschender Seite.
Wenn der Kanadier Rich Overgaard vom Surfen erzählt, überträgt sich seine Begeisterung sogar durchs Telefon: „Das Tolle ist die Herausforderung. Der erste Schritt ist, es bis hinter die Brandung zu schaffen.“ Dort donnern die Wellen heran, gnadenlos, fast prügelnd und stets am Surfboard zerrend. Selbst für den gestandenen 41-jährigen Mann von heute kann das noch schwierig sein, und das war es umso mehr für den jungen Rich, bei seinen allerersten Surf-Erfahrungen. Irgendwann aber gelingt es, die Brecher liegen hinter einem. „Und dann setzt du dich aufs Board, und lässt dich einfach einen Moment lang treiben. Du drehst dich um und blickst, je nachdem wo du hingefahren bist, mal auf einen von Dschungel bewachsenen Strand und mal auf eine steile Felsküste. Vielleicht geht gerade die Sonne unter. Dann wird es oft ganz still, auch wenn man nicht der einzige Surfer vor Ort ist. Alle sitzen dann ehrfürchtig auf ihrem Board und schweigen.“ Auf eine tiefe Art befriedigend sei das, gerade deshalb, weil diese Belohnung eben nicht anstrengungslos zu haben ist.
Die Surfwelt, sie könnte so schön sein, so idyllisch. Hin und wieder aber bekommt das scheinbar perfekte Bild einen kleinen Riss, durch den ein Stück trüber Realität einsickern kann. Denn als schwuler Surfer kann Rich die Welt da draussen eben doch nicht immer ganz vergessen. Hin und wieder taucht sie mit all ihren Problemen und Vorurteilen wieder auf, zum Beispiel mit Machismo und Homophobie – auch unter Surfer*innen. (…)
Erschienen im Oktober 2020 im Mannschaft Magazin Nr. 102 Xavier (€).