Februar 2016 | G/Geschichte – Die deutschen Kolonien waren in jeder Beziehung ein Fehlschlag. Trotzdem reagierte die Öffentlichkeit verbittert über ihren Verlust – wovon letztlich die Nationalsozialisten profitierten.

Friedrich Fabri ist sich im Jahr 1879 ganz sicher: „Die Organisation einer starken deutschen Auswanderung ist zu einer Lebensbedingung des Deutschen Reiches geworden“, schrieb er in einer Broschüre, die in Deutschland in großer Auflage verbreitet wurde. Der Kirchenmann, unter anderem Leiter einer Mission in Barmen, war nur einer von zahlreichen Deutschen, die in den 1870er- und 1880er-Jahren in Kolonien fast ein Allheilmittel für die Probleme des Landes sahen. Sie sollten die gewachsene Bevölkerung aufnehmen – zwischen 1800 und 1900 stieg sie von 23 auf 56 Millionen – und so den Auswandererstrom in die USA bremsen, in die allein 1881/1882 je rund 200.000 Deutsche gezogen waren. Die Kolonien sollten zudem ein Ventil für unzufriedene Elemente werden, die laut Fabri und den meist bürgerlichen Kolonialagitatoren sonst mit der Sozialdemokratie sympathisieren könnten. Außerdem sollten Afrika und die Südsee der deutsche Wirtschaft, die sich seit 1873 in einer Rezension befand, neue Absatzmärkte erschließen. Und die Kolonien sollten die Überlegenheit der deutschen Kultur demonstrieren, die besonders geeignet sei, die „Wilden“ in die Zivilisation zu führen.

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Erschienen in G/Geschichte 2/2016 (€).

Foto: Der Missionar Andreas Pfisterer der Norddeutschen Mission wurde 1899 von einem seiner Kollegen vor der Schule von Akpafu fotografiert. Das Foto ist Eigentum der Norddeutschen Mission, Berckstrasse 27, 28359 Bremen, Deutschland, die es für „public domain“ freigibt. Vielen Dank!