Januar 2020 | G/Geschichte – Wer glaubt, heutzutage gehe es wild zu in Berlin, hätte die 1920er miterleben sollen. Schon damals prägten die Nachtschwärmer, Hedonisten und Homosexuellen das Bild der Stadt – nur noch verrückter, noch enthemmter.

So etwas hatten selbst die mit Sensationen und Skandalen verwöhnten Berliner noch nicht gesehen. Nicht genug, dass Josephine Baker, Star der Varietés, bekannt für ihren mitreißenden Tanz und ihre knappen Outfits, eine Schlange als Haustier hält. Den offenen Wagen, der sie 1926 zum Hotel Adlon bringt, zieht kein Pferd – sondern ein Vogel Strauß. Der aufsehenerregende Marketing-Gag der Diva passt perfekt in eine Zeit, die vor Extravaganz nur so strotzt.

Musik und Tanz, Sex und Abenteuer, Alkohol und Drogen lauten die Versprechungen, die so manchen Besucher in die Hauptstadt locken. Nicht die bekannten Sehenswürdigkeiten wie das Brandenburger Tor oder den Reichstag, diese „Meilensteine der Langeweile“ müsse man sehen, sondern das Nachtleben, in dem „die Menschheit sich mischt wie ein pikantes Ragout“, schreibt der Journalist Curt Moreck, der sich mit seinem 1931 erschienen „Führer durch das lasterhafte Berlin“ als Guide anbietet. (…)

Der Artikel erschien im Mai 2018 in G/Geschichte Porträt: Berlin (€).

Der Artikel wurde in veränderter Form erneut veröffentlicht im Januar 2020 in G/Geschichte: Die Goldenen 20er. Deutschlands Tanz auf dem Vulkan (€).